Kapitel 1: Arbeitsrecht Allgemein
Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn er aufgrund einer behördlich angeordneten Maßnahme (zum Beispiel eine Quarantäne) seinen Arbeitsplatz nicht erreichen kann?
Wird dem Arbeitgeber das fortgezahlte Entgelt ersetzt?
Nach dem Angestelltengesetz und dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch haben Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn sie durch wichtige, ihre Person betreffende Gründe ohne Verschulden während einer kurzen Zeit an der Arbeitsleistung verhindert sind. Dazu zählen auch öffentliche Pflichten wie eine Quarantäne und dadurch verursachte tatsächliche Hinderungen an der Arbeitsleistung.
Nach dem Epidemiegesetz haben Arbeitnehmer, die wegen der angeordneten Quarantäne an der Erbringung der Arbeitsleistung verhindert sind, für die Dauer der Quarantäne Anspruch auf Vergütung des dadurch eingetretenen Verdienstentganges durch den Bund.
Der Arbeitgeber hat das Entgelt weiter an den Arbeitnehmer auszuzahlen, der Bund hat dem Arbeitgeber das geleistete Entgelt zu ersetzen: Der Arbeitgeber kann binnen sechs Wochen ab dem Tag der Aufhebung der Quarantäne bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich die Quarantäne verhängt wurde, das von ihm geleistete Entgelt sowie den darauf entfallenden Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung vom Bund zurückfordern.
Darf der Arbeitnehmer von der Arbeit fernbleiben, wenn er sich vor einer Ansteckung fürchtet?
Grundsätzlich nein, es sei denn, dass tatsächlich eine Ansteckungsgefahr besteht. Dies ist dann der Fall, wenn es im unmittelbaren Arbeitsumfeld bereits zu Ansteckungen gekommen ist.
Dies gilt nicht für Arbeitnehmer, die berufsmäßig mit der Krankenbetreuung (Spitäler, Apotheken, Pflegeheime, Krankentransport, usw.) befasst sind. Für diese hat der Arbeitgeber geeignete Schutzmaßnahmen (nach den Arbeitnehmerschutzvorschriften) vorzusehen.
Darf der Arbeitnehmer fernbleiben, wenn sich sein Wohnort, der Weg zur Arbeit oder der Betrieb in einem Gebiet befindet, für das eine behördliche Maßnahme (Quarantäne) angeordnet wurde?
Ja, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der behördlichen Maßnahme nicht zum Arbeitsplatz gelangen kann, ohne gegen diese Anordnung zu verstoßen. Es handelt sich dabei um eine gerechtfertigte Abwesenheit vom Arbeitsplatz mit einer Entgeltfortzahlung für die Dauer der behördlichen Anordnung durch den Arbeitgeber. Der Bund hat dem Arbeitgeber das geleistete Entgelt zu ersetzen. Der Arbeitnehmer hat die Verhinderung dem Arbeitgeber unverzüglich zu melden.
Kann der Arbeitnehmer zur Betreuung seiner Kinder von der Arbeit fernbleiben, wenn der Kindergarten oder die Schule aufgrund von Quarantäne gesperrt sind?
Dies ist zu bejahen, wenn und solange die Betreuung des Kindes vor allem aufgrund seines Alters notwendig ist. Der Arbeitnehmer ist damit aufgrund seiner familiären Verpflichtung berechtigt, von der Arbeit fernzubleiben und hat Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung im Ausmaß einer kurzen Zeit (eine Woche, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen bis zu zwei Wochen).
Kann der Arbeitnehmer den Antritt einer Dienstreise verweigern, wenn diese in Gefahrengebiete führen würde?
Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers umfasst auch die Vorsorge für den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer. Dieser Schutz beinhaltet alle Maßnahmen, die der Verhütung von beruflich bedingten Unfällen und Erkrankungen der Arbeitnehmer dienen.
Liegt etwa eine Reisewarnung für ein bestimmtes Gebiet vor, weil dort eine hohe Ansteckungsgefahr besteht, kann der Arbeitnehmer den Antritt der Dienstreise zu Recht verweigern, da die Vornahme dieser Reise zu einer mit einer gewissen und durch die Reisewarnung belegten und objektivierbaren Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens führen kann. Soweit keine Reisewarnung oder eine sonst belegbare hohe Ansteckungsgefahr (zum Beispiel durch Ausrufung des Notstands oder Verhängung der Quarantäne) am Zielort oder der Reisestrecke vorliegt, wird eine Verweigerung nicht rechtmäßig sein.
In welchen Fällen ist Telearbeit möglich?
Befindet sich im Arbeitsvertrag bereits eine entsprechende Vereinbarung zu Telearbeit oder eine Versetzungsklausel, wonach der Arbeitnehmer auch ohne seine Zustimmung an einen anderen Ort versetzt werden kann, so ist eine Anordnung von Telearbeit durch den Arbeitgeber möglich.
Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, gibt es darüber hinaus die Möglichkeit Telearbeit zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber zu vereinbaren.
Ist der Arbeitgeber verpflichtet, in seinem Betrieb Vorsorgemaßnahmen zur Vermeidung der Ansteckung zu treffen?
In Betrieben mit Kundenverkehr in Gebieten mit einer tatsächlichen Ansteckungsgefahr ist der Arbeitgeber verpflichtet, zweckmäßige und geeignete Maßnahmen zur Minimierung der Ansteckungsgefahr zu setzen, um die Arbeitnehmer vor Infektionen zu schützen.
Solche Maßnahmen können Hygienemaßnahmen (Handhygiene) sowie das Bereitstellen von Desinfektionsmitteln sein.
Die notwendigen Schutz- und Präventionsmaßnahmen bestimmen sich nach dem Infektionsrisiko. Bei direktem Patientenkontakt (zB. Gesundheitsberufe) muss persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt werden (Einmalhandschuhe, geeignete Schutzkleidung, Atemschutzmaske, Augen- und Gesichtsschutz) und für eine Unterweisung der Beschäftigten Sorge getragen werden.
Ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber eine Infektion mit dem Coronavirus bekannt zu geben?
Ja, dies ergibt sich aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers und soll dem Arbeitgeber ermöglichen, Vorsorgemaßnahmen zugunsten der Belegschaft treffen zu können.
Darf der Arbeitgeber unabhängig von behördlichen Anordnungen (Quarantäne) die Arbeitnehmer von der Arbeit nach Hause schicken?
Ja, er kann auf die Arbeitsleistung verzichten, hat aber den Arbeitnehmern das Entgelt fortzuzahlen, solange er die Arbeitnehmer von der Arbeit freistellt. Der Arbeitnehmer muss sich anrechnen lassen, was er sich aufgrund der Freistellung erspart hat.
Was gilt, wenn der Arbeitnehmer aufgrund bestimmter Vorsorgemaßnahmen (Notstand, Quarantäne, Einschränkung der Verkehrsmittel) im Urlaubsort nicht die Rückreise antreten kann? Ist das ein Grund für eine Entlassung? Hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung?
Eine tatsächliche oder rechtliche Verhinderung der Rückreise stellt einen gerechtfertigten Abwesenheitsgrund von der Arbeit dar, der Arbeitnehmer kann daher nicht entlassen werden.
Er hat für eine kurze Zeit (bis zu einer Woche) Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber.
Darf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer verbieten, einen Urlaub in gefährdeten Gebieten zu verbringen?
Der Arbeitgeber kann dies dem Arbeitnehmer nicht verbieten. Erkrankt der Arbeitnehmer während seines Urlaubs in einem gefährdeten Gebiet, könnte der Arbeitgeber unter Umständen die Entgeltfortzahlung verweigern, da der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit grob fahrlässig herbeigeführt hat.
Darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer fragen, ob er seinen Urlaub in einem Gebiet mit hoher Ansteckungsgefahr verbracht hat?
Ja, da der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht zum Schutz der anderen Arbeitnehmer geeignete Vorsorgemaßnahmen treffen muss.
Kapitel 2: Arbeitsrecht und Kinderbetreuung
Was tue ich bei Schulschließungen?
Durch die schrittweise Schließung der Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen entsteht für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Kinderbetreuungspflichten und deren Arbeitgeber eine neue Situation.
Für jene Betreuungspflichtigen, die einen dringenden Bedarf an Kinderbetreuung haben, soll das auch weiterhin in der Schule und in Betreuungseinrichtungen sichergestellt sein. Das sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in versorgungskritischen Bereichen wie z.B. Gesundheits- und Pflegedienstleistungen, Medizinische Produkte und Heilbehelfe, Notfall-Dienstleistungen, öffentliche Sicherheit, Lebensmittelhandel, Apotheken, Drogerien, Öffentlicher Verkehr, Agrarhandel, Tankstellen, Sicherheits- und Notfallprodukte & Wartung, Banken, Post und Telekommunikation, Lieferdienste, Reinigung und Hygiene, Trafiken und Zeitungskioske, Wartung kritischer Infrastruktur etc. weiterhin zur Arbeit gehen.
Welche arbeitsrechtlichen Grundlagen gibt es für Arbeitnehmer zur Sicherstellung der Kinderbetreuung?
Grundlage für den Betreuungsfreistellungsanspruch ist das Angestelltengesetz und das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch. Der Anspruch auf Betreuungsfreistellung besteht pro Anlassfall (grundsätzlich für die Dauer einer Woche, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen bis zu zwei Wochen).
Wenn das Kind erkrankt, wird als Grundlage für die Pflegfreistellung des Arbeitnehmers auch das Urlaubsgesetz herangezogen.
Eine Information des Bundesministeriums für Arbeit, Familie und Jugend
Stand 13.03.2020, 15:00 Uhr
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