Erbringt ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens eine umsatzsteuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung, so hat der leistungserbringende Unternehmer die Umsatzsteuer an das zuständige Finanzamt abzuführen. Der Leistungsempfänger hat in einem ersten Schritt den Rechnungsbetrag inklusive Umsatzsteuer zu bezahlen. Handelt es sich beim Leistungsempfänger ebenfalls um einen Unternehmer, so kann sich dieser in weiterer Folge den in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbetrag jedoch als Vorsteuer vom Finanzamt zurückholen.
Überrechnet der Leistungsempfänger mittels Antrag jedoch sein Vorsteuerguthaben auf das Steuerkonto des (die Umsatzsteuer schuldenden) Leistungserbringers, kann lediglich der Nettobetrag beglichen werden. Bei größeren Rechnungsbeträgen kann der leistungsempfangende Unternehmer dadurch einen Liquiditätsvorteil lukrieren.
Im Bereich der Umsatzsteuer ist für das Entstehen der Umsatzsteuerschuld im Regelfall der Zeitpunkt der Leistung relevant (sog. Soll-Besteuerung). Die Umsatzsteuerschuld entsteht mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Bei erst späterer Rechnungslegung verschiebt sich der Entstehungszeitpunkt der Steuerschuld um höchstens einen Monat. Die Fälligkeit tritt mit dem 15. des auf die Entstehung der Umsatzsteuerschuld zweitfolgenden Monats ein. Dem Leistungsempfänger steht der Vorsteuerabzug in weiterer Folge dann zu, wenn die Leistung erbracht wurde und eine Rechnung mit Umsatzsteuer vorliegt.
Antrag auf Überrechnung eines Vorsteuerguthabens
Ist nach allgemeinen umsatzsteuerlichen Grundsätzen die Steuerschuld entstanden, kann der Steuerschuldner seine Abgabenschuld auch dadurch entrichten, dass er sich selbst eine Abgabengutschrift von einem anderen Konto überträgt oder sich eine Abgabengutschrift von einem Dritten überrechnen lässt.
Für den Fall der Verrechnung der Umsatzsteuer in der Unternehmerkette bedeutet dies, dass der zum Vorsteuerabzug berechtigte Leistungsempfänger unter bestimmten Umständen auf Antrag sein etwaiges Vorsteuerguthaben auf das Steuerkonto des umsatzsteuerschuldenden Leistungserbringers überrechnen kann. Mit dem Leitungserbringer wird somit vereinbart, dass lediglich der Nettobetrag direkt beglichen wird, der Umsatzsteuerbetrag wird hingegen durch Überrechnung des Vorsteuerguthabens auf das Steuerkonto des Leistungserbringers bezahlt. Bei größeren Rechnungsbeträgen, wie etwa im Rahmen des (Ver)Kaufs einer Immobilie, kann der Käufer dadurch teilweise erhebliche Liquiditätsvorteile lukrieren und damit bspw. Fremdfinanzierungskosten senken, da er nur den Nettobetrag finanzieren muss.
Aus Sicht des umsatzsteuerpflichtigen Leistungserbringers (Verkäufers) ist jedoch darauf zu achten, dass der vorsteuerabzugsberechtigte Leistungsempfänger (Käufer) den Überrechnungsantrag in korrekter Höhe und vor allem fristgerecht stellt. Andernfalls kann es zu Säumnisfolgen kommen!
Ob bzw. inwieweit jedoch tatsächlich die Möglichkeit der Überrechnung von Vorsteuerguthaben besteht, ist jedoch stets anhand des Einzelfalles zu prüfen.